Kulturhausjubiläum

Jubiläumswochenende: Das Kulturhaus präsentiert sich mit einem Tag der offenen Tür, reichlich Programm und vielen Konzerten

Auf den Tag genau vor fünf Jahren öffnete das Kulturhaus erstmals für Besucherinnen und Besucher. Interessierte waren eingeladen, die ehemalige Gewerbeschule, die nun von Musikschule, Kunstschule, Volkshochschule sowie dem Kulturbüro genutzt wurde, zu erforschen. Ein halbes Jahrzehnt später richten die in der alten Tulla untergebrachten Einrichtungen erneut ihre Einladung an Besucherinnen und Besucher. Bei angenehmen Temperaturen erkundeten zahlreiche Interessierte aufs Neue Kehls Anlaufstelle für Kunst und Kultur.

Lolly jongliert mit Reifen
Lolly und Bobby wussten das Kulturhaus-Publikum mit beeindruckenden Jonglagen und reichlich Humor zu beeindrucken. 

Zu entdecken gab es vielerlei: Bereits am Freitagabend hatte das Trio Wildes Holz auf den Besuchertag am Samstag (21. September) eingestimmt. Dieser bot unter anderem ein Musical der Musikschule, in dem Kinder in die Rollen von Geige spielende Clowns, chinesische Zauberkünstler, ungarische Schwertschlucker und tangotanzende Elefanten schlüpften. Damit hatte der Kulturhausvorplatz als Manege keineswegs ausgedient. Das Artistenduo Lolly und Bobby brachte das Publikum mit einer Mischung aus Akrobatik, Jonglage und Slapstick-Humor zum Lachen. Ein Atelier, 20 000 farbige Bauklötze: Was sich nach einem Angebot für Kinder anhört, entpuppte sich rasch als Faszinosum für Jung und Alt. Vom Kleinkind bis zur Seniorin saßen im Atelier der Kunstschule Offenburg beisammen und stapelten und bauten fleißig. „Es ist Ihr Haus, machen Sie davon Gebrauch“, hatte der damalige Oberbürgermeister Toni Vetrano bei seiner Eröffnungsrede gesagt. Die Kehlerinnen und Kehler, aber auch Gäste von außerhalb kamen dieser Aufforderung am Samstag gerne nach. Beispielsweise mit einem Sprachcafé und einem Treppenhauskonzert des Kammerchors sowie einem Wiedersehen mit dem Flaschenmusik-Ensemble GlasBlasSing kam auch das erwachsene Kulturhaus-Publikum auf seine Kosten. Für die Bewirtung am Samstag zeichnete der Verein des Kulturcafés Kehl verantwortlich.

Zum Abschluss des Besuchertags trat um 20.30 Uhr das Trio Convergences um Geiger Marius Stoian, Gitarrist Pierre Vigneron und Bassist Joe Eisenburger auf.

Das GlasBlasSing-Ensemble macht mit Flaschen Musik
Nach ihrem Auftritt bei der Kulturhaus-Einweihung zeigt das Berliner GlasBlasSing-Ensemble seine Flaschenmusik-Comedy auch bei der Jubiläumsfeier.

Zum Abschluss des Jubiläumswochenendes spielt am Sonntag, 22. September, ab 11 Uhr die Pianistin und Klavierlehrerin Natali Pavlovic auf. Mal solo, mal mit Kolleginnen und Kollegen interpretiert sie Werke bekannter Komponisten wie Maurice Ravel, Francis Poulenc und Claude Debussy. Der Eintritt ist frei.

Eine kurze Kulturhaus-Historie

OB Toni Vetrano steuert einen Bagger
Mit einem symbolischen Baggerbiss beginnen im April 2015 die Sanierungs- und Umbauarbeiten. Am Steuer: der damalige OB Toni Vetrano.

Im September 1967 zieht die damalige Oberrealschule in die renovierte Gewerbeschule an der Straße Am Läger ein. Allerdings wird das neue Schulhaus schnell zu klein. Bereits nach drei Jahren müssen erste Schulklassen ausquartiert werden. Auch ein Erweiterungsbau 1973/9174 löst das Platzproblem nur kurzfristig. Im Dezember 1981 erhält die Tulla-Realschule eine zusätzliche Etage. Dieser Erweiterungsbau bereitet aber vor allem Sorgen: Immer wieder dringt Regen durch das Flachdach und tropft ins Gebäudeinnere. Aufgrund des maroden Erweiterungsbaus sowie neuer Brandschutzauflagen denkt der Gemeinderat noch vor der Jahrtausendwende über einen neuen Schulstandort nach. Als das Oberschulamt in Freiburg den Erweiterungsbau als Schulgebäude aberkennt, wird der Weg für einen Neubau frei. Einen neuen Schulstandort findet die Stadt an der Vogesenallee, wo der damalige Oberbürgermeister Dr. Günther Petry am 24. Oktober 2003 im Wortsinn den Grundstein für den neuen Realschulstandort legen darf. Was mit dem Areal der alten Tulla geschehen soll, ist zu diesem Zeitpunkt noch offen. Nach intensiven Workshops, an denen auch externe Stadtplanerinnen und -planer beteiligt sind, lobt die Stadt im Frühsommer 2003 den Wettbewerb „Innenstadt Nord“ aus. Investoren stellen dem Gemeinderat Konzepte für den Nordrand der Innenstadt vor. Auch für die alte Tulla gibt es Nutzungsvorschläge, überwiegend als Hotel. Doch kein Konzept überzeugt. Am 24. April 2006 zieht die Tulla-Realschule offiziell in ihren Neubau an der Vogesenallee ein. Die Nachnutzung ihres vorherigen Schulgebäudes bleibt weiter unklar. Am 21. Februar 2007 rücken erst einmal die Bagger an und reißen den unliebsamen Erweiterungsbau ab. Nach 33 Jahren wird somit wieder der Blick frei auf das denkmalgeschützte Schulgebäude im Art-Déco-Stil. Verschiedene Investoren unterbreiten der Stadt Vorschläge für Nachnutzungen, der städtische Architekt Friedhelm Mündel entwirft einen Glasanbau, aber keine der Ideen verfangen. Als sich die Eröffnung des City-Centers in unmittelbarer Nachbarschaft anbahnt, unternimmt der Gemeinderat einen neuerlichen Versuch: Bis zum Jahresende 2008 soll ein Nutzungskonzept für die alte Tulla erarbeitet werden. Zusätzlich beschließt das Gremium einen städtebaulichen Wettbewerb für das Gebiet von der Schule bis zur Stadthalle. Sieben Planungsbüros reichen ihre Gestaltungsvorschläge ein, davon wird jedoch keiner weiterverfolgt. 

Nepomuk's Nightmare gibt ein Baustellenkonzert im Kulturhaus
Konzerte vor besonderer Kulisse: Die Kulturhaus-Baustelle wird zwischenzeitlich zur Musiktbühne.

Der Frage, ob Kultureinrichtungen in der historischen Gewerbeschule untergebracht werden können, gehen Stadträte bei einer Gebäudebesichtigung im November 2010 nach. Statische Untersuchungen zeigen im Nachgang jedoch, dass weder die Mediathek noch das Hanauer Museum dort unterkommen können. Im Sommer 2012 stellen sich Stadtverwaltung und Gemeinderat erneut die Frage, welche Einrichtungen in die alte Tulla umziehen könnten. Auch Bürgerinnen und Bürger sollen ihre Ideen einbringen – beispielsweise über eine städtische Facebook-Seite. Unter anderem werden Künstlerateliers und Proberäume für Musikerinnen und Musiker vorgeschlagen. Bei einem Tag der offenen Tür am 13. Oktober führen städtische Architekten Besucherinnen und Besucher durch das historische Gebäude. Der Andrang ist so groß, dass es drei Tage später einen weiteren Tag der offenen Tür gibt. Das neue Nutzungskonzept für die alte Tulla wird an einem Bürgerabend mit 40 Besucherinnen und Besuchern vorgestellt – und rund eine Woche später durch den Gemeinderat beschlossen. Damit steht fest: Das Kulturbüro sowie die Musik- und Volkshochschule Kunstschule zählen zu den neuen Nutzern. Bevor aus der alten Tulla das Kulturhaus wird, verwandelt die Künstlerin Ilse Teipelke das Gebäude in das „Hotel Sehnsucht“. Die Ausstellung ist gut besucht. Die Umbau- und Sanierungsarbeiten starten am 14. April 2015 mit einem symbolischen Baggerbiss. Die Altbausanierung bleibt nicht ohne Überraschungen: Im Boden werden Altlasten entdeckt, die anschließend ausgebaut werden müssen. Eine weitere Überraschung: Das Gebäude hat sich über die Jahrzehnte unterschiedlich abgesetzt. Mit einer riesigen Säge wird es daher dreigeteilt. Insgesamt steigen die Baukosten von 6,3 Millionen Euro (ohne Außenanlage) auf mehr als zehn Millionen Euro (mit Außenanlage). Weil das Bauprojekt in einem Sanierungsgebiet liegt, bezuschusst das Land das Vorhaben mit 4,4 Millionen Euro. Mehrere Baustellenkonzerte sowie eine Tastenspendenaktion für die Anschaffung eines Steinway-Flügels begleiten die Bauarbeiten. Schließlich kann das Kulturhaus am Wochenende vom 20. September bis 22. September 2019 eingeweiht werden. Die zahlreichen Kehlerinnen und Kehler fordert der damalige OB Toni Vetrano in seiner Eröffnungsrede auf: „Es ist Ihr Haus, machen Sie davon Gebrauch.“

Ein Programmflyer zum Jubiläumswochenende liegt im Kulturhaus sowie an den üblichen Stellen in der Innenstadt aus. Darüber hinaus ist das Programm zum Tag der offenen Tür auch im Kultur-Veranstaltungskalender einsehbar.

Eindrücke vom Tag der offenen Tür

Erstellt am 11. September 2024